Warum funktioniere ich nicht mehr? 

Bevor Hashimoto diagnostiziert wurde, hast du dich wahrscheinlich genauso wie ich gefragt, was mit dir los ist. Warum du dich so ausgelaugt und energielos fühlst und warum dir angeraten wird, wegen deiner vermeintlich depressiven Verstimmungen einen Psychologen aufzusuchen oder es mit Psychopharmaka zu versuchen. 
In einigen Fällen ist es bestimmt hilfreich, kurze Zeit auch mal Psychopharmaka einzunehmen, um sich wieder zu stabilisieren, längerfristig ist aber auch eine andere Lösung anzustreben.. 

Auch ich habe meine depressiven Verstimmungen und meine extremen Motivationseinbrüche lange Zeit auf psychologische Aspekte abgewälzt. Durch meine eigene Ausbildung in der systemischen Therapie mit der inneren Familie (IFS) gab es natürlich immer etwas, an dem es sich lohnte zu arbeiten. Aber irgendwann hatte ich das Gefühl, dass da irgendetwas nicht stimmen konnte. 

Diese psychischen Symptome hatten mich schon lange vor den körperlichen Symptomen begleitet, mit einer möglichen Hashimoto-Erkrankung aber hatte ich es nie in Verbindung gebracht. Heute weiß ich es besser, denn psychischen Probleme habe ich keine mehr. 

Warum also „funktionieren“ wir nicht mehr so, wie wir es gewohnt waren? 

Autoantikörper

MAK (TPO), TAK und TRAK - nicht annähernd so lustig wie die Neffen von Donald Duck 😊 

Grundsätzlich ist es immer wichtig, das Vorhandensein der Antikörper in Bezug zu anderen Parametern zu setzen. Ein Laborwert alleine sagt nichts aus. Es gibt Fälle, bei denen die Antikörper sehr hoch sind, die Schilddrüse aber fast normal aussieht. Das muss man in Relation bringen.

TPO-Antikörper
auch MAK genannt (Mikrosomale Antikörper) 

TPO (Thyreoperoxidase) ist ein wichtiges Enzym, das zur Herstellung der Schilddrüsen-hormone benötigt wird, indem es Jod oxidiert und an Tyrosin ankoppelt. 

10-15% der gesunden Menschen haben übrigens einen geringen TPO-AK-Spiegel.

TPO ist immer positiv bei Hashimoto und oft sehr hoch im akuten Stadium.
Diskutiert wird auch ein seronegativer Hashimoto, bei dem keine TPO-AK zu finden sind. Dabei stellt sich aber die Frage, ob in der Vergangenheit eventuell TPO-AK vorhanden waren, der Entzündungsprozess in diesem Fall schon abgelaufen ist und nun ein Heilungsprozess statt findet. 

Im Verlauf von Hashimoto  kann man die Bestimmung der TPO-AK zur Beurteilung der  Aktivität der Entzündung heranziehen.

 Labor: TPO <  60 KU/l = negativ

            TPO > 200 KU/l = positiv
 

Meine TPO-AK waren bei Diagnose unmessbar hoch .  


TAK    

TAK sind Antikörper gegen Thyreoglobin
TG (Thyreoglobulin) ist das Träger-oder Speichereiweiß zur Herstellung der Schilddrüsenhormone.
Ohne Thyreoglobulin ist keine Hormonbildung möglich.

3% der gesunden Menschen haben geringe TAK.
Bei Hashimoto finden sich in einigen Fällen auch erhöhte TAK.

Diese Antikörper können für Hashimoto sprechen, aber genauso häufig auch für andere Schilddrüsenentzündungen mit Unterfunktion, Morbus Basedow oder auch für Schilddrüsenkrebs. 

Bei Schilddrüsenkrebs wird dieser Wert auch gerne zur Verlaufskontrolle heran gezogen.

Labor: TAK < 60 IU/l = negativ 

Ich hatte keine AK gegen TG 


Mehr zu TAK findest du im Block "Darf es etwas genauer sein?"

 

TRAK
TRAK sind TSH-Rezeptor-Antikörper 

TRAK findet man eigentlich nur bei Morbus Basedow, trotzdem will ich sie nicht ungenannt lassen, weil manchmal sogenannte Mischformen diagnostiziert werden. Dabei ist dann auch der TPO erhöht.  

Diese Antikörper sind bei mindestens 5% der Hashimoto-Erkrankten zu finden.

Hier richten sich die Antikörper gegen Rezeptoren für das übergeordnete Hormon TSH (Thyroidea stimulierendes Hormon), das im Hypohysenvorderlappen (HVL) gebildet wird.    Sind zu wenig Schilddrüsenhormone im Blut, wird normalerweise TSH ausgeschüttet und bindet an die TSH-Rezeptoren in der Schilddrüse, um sie zur Ausschüttung von Schilddrüsenhormonen anzuregen. 

Finden sich Antikörper gegen diese Rezeptoren im Blut, besetzen sie diese Rezeptoren. Für die Schilddrüse ist das gleichermaßen ein Antrieb, die Hormone auszuschütten, nur geschieht es hier völlig unkontrolliert und die Folge ist eine massive Überfunktion. 
Die Antikörper können aber auch blockierend wirken, wodurch die Schilddrüse dann nicht mehr auf den Stimulierungsversuch der Hypophyse anspricht. Das passiert eher bei Hashimoto mit einer hartnäckigen Unterfunktion als Folge. 

Labor: TRAK bis 1,8 IU/l = normal

 

TRAK wurden bei mir nicht festgestellt. 


Mehr zu TRAK findest du im Block "Darf es etwas genauer sein?"


AK gegen Deiodasen (Deiodinasen) 

Deiodasen sind Enzyme, die zum Beispiel dafür verantwortlich sind, dass aus T4 das aktive T3 entstehen kann, indem sie Jodatome abspalten. 

Diese AK werden in Literatur beschrieben, sind wohl aber sehr selten.  

Mehr zu AAK gegen Deiodasen findest du im Block "Darf es etwas genauer sein?"

Umwandlungsstörung 

Jeder 6. Hashimoto-Patient hat eine Umwandlungsstörung (Konversionsstörung) und ist nicht einstellbar mit einem Medikament, das nur T4 enthält!! Er benötigt unbedingt auch T3!!

Eine Umwandlungsstörung kommt recht häufig vor bei Hashimoto-Erkrankten, wird aber leider oft nicht diagnostiziert, weil entweder nur der TSH-Wert bestimmt wird oder die freien Werte nicht genau interpretiert werden. Ich glaube, ein genauerer Blick auf die Laborwerte würde viel Leid ersparen. 

Normalerweise sollten die beiden Laborwerte fT4 und fT3 im mittleren bis oberen Normalbereich liegen. Besteht eine Umwandlungsstörung, liegt der fT3-Wert im Verhältnis zu fT4 viel tiefer. Das heißt, der Körper ist nicht in der Lage, genügend aktives Schilddrüsenhormon herzustellen. Schaut man nur, ob die Werte im Normalbereich sind oder ob der TSH-Wert in Ordnung ist, wird man nicht erkennen, dass jemand mit einer Umwandlungsstörung trotz "Normalbefund" Symptome einer Unterfunktion hat.

Ein reines T4-Präparat alleine wird dann nicht helfen, um aus der Unterfunktion zu kommen. 

Dr. Johannes Dietrich, Oberarzt für Endokrinologie am Berufsgenossenschaftlichen Universitätsklinikum Bergmannsheil in Bochum, nennt dieses Phänomen Syndrom T. Menschen mit Syndrom T haben keine gute Lebensqualität trotz T4-Einnahme, weil T3 im Verhältnis zu T4 viel zu gering ist.

Seit 2012 empfiehlt auch die European Thyroid Association in bestimmten Fällen eine zusätzliche T3-Gabe zu T4. 

Auch ich gehöre zu den Hashimoto-Erkrankten mit einer Umwandlungsstörung und nahm einige Zeit reines T4 in steigenden Dosen, was mir keinerlei Besserung meiner Symptome brachte sondern im Gegenteil meine Befinden noch verschlechterte. Und ich bin heilfroh, dass ich irgendwann selbst bemerkt habe, dass sich mein fT3-Wert kaum verbessert, egal wie viel T4 ich zu mir nehme und dass ich eine andere Lösung benötige, um aus den Unterfunktionssymptome zu kommen.

Erfahrungsgemäß fühlen sich die meisten "Hashis" erst mit einem fT4-Wert von mehr als 50% und einem fT3-Wert von ca. 80% (oder einem Laborwert um die 4 pg/ml) wohl. Bei einer Umwandlungsstörung ist das nicht umsetzbar mit reiner T4-Gabe.

Für eine Umwandlungsstörung kommen mehrere Ursachen in Betracht.

Bei einer Umwandlungsstörung scheinen die Deiodasen nicht richtig zu arbeiten. Sie werden benötigt,  um das Speicherhormon T4 in das aktive Hormon T3 umzuwandeln, in dem sie Jod abspalten. Die Deiodasenfunktion kann beeinträchtigt werden durch 
Selenmangel, Medikamente oder Antikörper gegen Deiodasen.

Näheres zu den Deiodasen findest du im Abschnitt "Darf es etwas genauer sein?"
 

Da sehr viel T4 in der Leber zu T3 umgewandelt wird, ist auch eine Leberschwäche denkbar als Ursache für eine Umwandlungsstörung. 

Ungefähr 1/5 des T4 wird im Darm umgewandelt. Deshalb gilt ein großes Augenmerk der Darmgesundheit. Ein kranker Darm wird nicht in der Lage sein, genügend T4 umzuwandeln.

Durch Verlust der Muskelmasse, wie sie bei Hashimoto bekannt ist, ist die Umwandlung von T4 in T3 begrenzt. Auch hier besteht die Möglichkeit einer Konversionsstörung.

 

Stress  

Ein Gegenspieler zu dem aktiven Hormon T3 ist das inaktive Hormon reverse T3 (rT3). Dieses Hormon sieht aus wie das Spiegelbild von T3, kann die T3-Rezeptoren besetzen, hat aber keine Wirkung.
Es dient als Schutz und zur Selbstregulierung des Körpers zum Beispiel bei Stress oder Erkrankungen, sozusagen, um den Körper in Ruhe zu versetzen.

Bei Erschöpfungszuständen, Stress oder Erkrankungen wird vermehrt Cortisol ausgeschüttet, was bewirkt, dass mehr inaktives rT3 gebildet wird. Der Körper läuft auf Sparprogramm und der Energieumsatz sinkt. Das ist wie falsches Benzin für den Motor.  

Wichtig ist zu wissen, dass in dem Laborwert T3 alle verschieden wirkenden T3-Hormone zusammengefasst sind, darunter auch das inaktive Hormon rT3. Das bedeutet, dass ein erhöhter rT3-Wert auch zu einem erhöhten T3-Wert führt und so falsch interpretiert werden kann, wenn man sich nur auf die Laborwerte verlässt. Der T3-Wert sagt also nichts darüber aus, wie viel aktives T3 in der Zelle ankommt und wie es verstoffwechselt wird. Stellt sich der Verdacht, dass man zu viel rT3 produziert, kann man diesen Wert im Labor bestimmen lassen.  

Das inaktive Hormon rT3 wird schneller abgebaut als T3 und hat nur eine Halbwertzeit (HWZ) von ca. 4 Stunden.

Laut Dr. Kirkamm sollte das Verhältnis von fT3 zu rT3 bei 20:1 und höher liegen.

Zuviel rT3 kann man mit reiner T3-Gabe entgegenwirken.
 

Wenn ständig zu viel rT3 gebildet wird, würde ich versuchen, der Ursache auf den Grund zu gehen und eventuell den Umgang mit den Stressoren zu verändern. Gelassener und lockerer zu werden, ist sicher eine große Herausforderung für uns "Hashis".
Zudem kann man zum Beispiel versuchen, die Cortisolausschüttung mit pflanzlichen Adaptogenen etwas zu beeinflussen.

Mein Verdacht, dass ich zuviel rT3 gebildet hätte und es mir deshalb nicht besser gehen könnte, bestätigte sich nicht. Ich musste also weiter auf die Suche gehen.

Mehr zu rT3 und Cortisol in anderen Kapiteln. 

Zum Thema Stress

Es gibt viele Arten von Stress. Abgesehen von emotionalem, psychischem oder physischem Stress gibt es auch andere Faktoren, die im Körper als Stress angesehen werden. 

Dazu zählen zum Beispiel Nahrungsmittelallergien, toxische Belastungen, Schwangerschaft, oxidativer Stress, schwankende Blutzuckerwerte, Hypo- oder Hyperthyreose, chronische Infekte, Krebs oder eben auch Autoimmunerkrankungen durch die chronischen Entzündungen im Körper.

Stressfaktoren können also die rT3-Bildung fördern.

Fasten führt zum Beispiel zu einer bis zu 53%-igen Absenkung des T3 bei gleichzeitigem Anstieg von rT3. In welcher Form Fasten für dich gut sein könnte, ist somit davon abhängig, wie gut dein Körper mit diesem „Stress“ umgehen kann. 

Bei schweren Erkrankungen oder Hungerzuständen spricht man in diesem Zusammenhang auch von einem "Non-thyroidal-Illness-Syndrom"

Zuviel Training und körperliche Überanstrengung ist genauso Stress für deinen Körper, wenn du nicht für den nötigen Ausgleich sorgen kannst. 

Ein Grund für den rT3-Anstieg ist die erhöhte Cortisolausschüttung in den Nebennieren bei Stress. Auf Dauer kann diese Reizung der Nebennieren sehr belastend werden und zu einer Nebennierenerschöpfung oder Nebennierenschwäche (NNS) führen. 

Ein dauerhaft erhöhter Cortisolspiegel kann zudem eine Insulinresistenz fördern, was wiederum Diabetes begünstigt.  

Der Cortisolspiegel wird nachts ab ca. 2 Uhr gebildet, morgens ist der Cortisolspiegel am höchsten und fällt dann bis abends wieder ab – bei der Nebennierenschwäche (NNS) findet man diese Kurve nicht mehr oder wenn, dann niedrig und/oder mit Einbrüchen. 

Typisch sind Symptome wie schlechter Schlaf mit nächtlichem Erwachen ab 2 Uhr.

Genaueres zu Cortisol, Nebennierenschwäche (NNS) und was das mit der Schilddrüse zu tun hat, findest du im Abschnitt "Darf es etwas Genauer sein?"

 

Nebennierenfehlfunktion

Eine Nebennierenfehlfiunktion wird in der Schulmedizin viel zu wenig beachtet. Behandlungsbedarf besteht meist erst bei einer Nebenniereninsuffizienz. 
 
Die Nebennieren sind die kleinen Schwesterdrüsen der Schilddrüse. Sie arbeiten eng zusammen, wobei die Schilddrüse im Grunde genommen die übergeordnete Drüse ist. Kann die Schilddrüse nicht mehr richtig arbeiten, wird das eine Erschöpfung der anderen Drüse nach sich ziehen. Genauso gibt es eine enge Zusammenarbeit mit den Geschlechtsdrüsen. Werden nicht mehr genügend Geschlechtshormone gebildet, wirkt sich das auf die anderen beiden Drüsen aus.

  

Anhaltender Stress geht - wie oben schon erwähnt - mit einer fortwährend hohen Cortisolausschüttung einher. Es kommt zu einer Nebennierenreizung mit einer gestörten Reaktionsfähigkeit auf Belastungssituationen. Der Cortisolwert fängt an sehr zu schwanken, Defizit und Gegenreaktion wechseln sich ab und durch zu hohen Cortisolwert am Abend findet man nicht in den Schlaf. 
Das schwächt auf Dauer die Funktion der Nebennierenrinde. 
Der Stress, der zuvor mit Cortisolausschüttung kompensiert werden konnte, kann nicht mehr bewältigt werden. Es wird immer schwieriger, mit Stress umzugehen und es kommt möglicherweise zu massiven Erschöpfungssymptomen.

 

Ein langfristig zu niedriger Schilddrüsen-Hormonspiegel ist Stress für die Nebennieren!

Auch die Nebennieren brauchen T3, um gut funktionieren zu können. Je besser sie nachts mit Schilddrüsenhormonen versorgt sind, umso besser können sie sich erholen und die Cortisolproduktion und -Ausschüttung sich wieder verbessern.

Eine Nebennieren-Erschöpfung kann also ein Grund sein, warum es uns Hashimoto-Erkrankten immer noch nicht gut geht, wir nicht richtig zu unserer Energie finden und auch nicht mehr mit Stress umgehen können, obwohl die Schilddrüsenwerte inzwischen wieder besser sind.

Ursachen einer Nebennierenschwäche 

Schwäche der Schilddrüse oder unzureichende Substitution von Schilddrüsenhormonen
Toxine wie Fluorid, Bromid, Chlorid oder Schwermetalle können zu einer chronischen Entzündung der Nebennieren führen.
Emotionale Überlastungen haben einen sehr großen Einfluss auf die Nebennieren
Vitalstoffmängel wie Vitamin C -Mangel oder Mangel an Pantothensäure (Vit B5) stören die Funktion der Nebennieren.


Bei Verdacht auf Nebennierenschwäche kann man den DHEA-Spiegel bestimmen lassen und ein Tagesprofil von Cortisol erstellen lassen. Dies geht über das Blut oder über den Speichel. Ratsam ist es aber, diese Tagesprofil mehrmals zu wiederholen, um eine gute Aussage zu bekommen, weil das Ergebnis natürlich auch von der Tagesform abhängig ist.

Einige Symptome bei einer Funktionsstörung der Nebennieren

Einschlafstörungen 
Durchschlafstörungen mit häufigem Erwachen
nächtliches Urinieren

Ängste, Panikattacken

Überempfindlichkeit, Schreckhaftigkeit

Zittern, innere Unruhe

Herzklopfen
erhöhte Lichtempfindlichkeit
lange Erholungszeiten

Leistungseinbrüche, die gegen Abend besser werden

Wutausbrüche, Ungeduld, Gereiztheit

Heißhunger

Übelkeit, wenn Hunger
Salzhunger

Die Basaltemperatur kann nicht gleichmäßig aufrecht erhalten werden und schwankt stark

Besserung der Symptome gegen Abend
niedriger Blutdruck, der beim Aufstehen noch abfällt (Schellong-Test)

Näheres zur Unterstützung der Nebennieren findest du im Block "Wieder mehr Lebensqualität bitte."